Kreistag: die LINKE wirkt

Nürtinger Zeitung, 19.11. 2011

Welche Hilfen helfen?

Grüne und Linke sehen Jobcenter weiter in der Pflicht bei Maßnahmen für Langzeitarbeitslose

Die Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt und die Situation von Langzeitarbeitslosen waren Inhalt eines Haushaltsantrags der Fraktion der Grünen im Esslinger Kreistag ebenso wie des einzigen Vertreters der Linken, Peter Rauscher. Damit befasste sich der Sozialausschuss des Kreistags in seiner Sitzung am Donnerstagnachmittag.
VON UWE GOTTWALD

Die Grünen ebenso wie Rauscher wollten wissen, welche Auswirkungen die vom Bundesgesetzgeber geplante sogenannte Instrumentenreform zu Hilfsmaßnahmen für Arbeitslose und Langzeitarbeitslose im Landkreis Esslingen haben könnte. Befürchtet wird, dass Mittelkürzungen für die Jobcenter und veränderte Förderkriterien zu einer Reduzierung der Maßnahmen führen könnten. Der Trägerverein der Jugendwerkstatt auf dem Gelände der Seegrasspinnerei in Nürtingen, die schwer vermittelbare junge Arbeitslose qualifiziert und betreut, musste bereits fünf Mitarbeitern kündigen (wir berichteten). Werner Schreiner, Leiter des Jobcenters Landkreis Esslingen, verneint allerdings einen Zusammenhang mit der geplanten Förderreform.

Ohne auf den konkreten Fall einzugehen, hielt Landrat Heinz Eininger „die Aufregung um die Reform für nicht gerechtfertigt“, das Gesetzgebungsverfahren befinde sich noch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Deshalb sei das Thema „im Augenblick keinesfalls spruchreif“.

Laut Eininger stehen dem Jobcenter Landkreis Esslingen für das kommende Jahr 10,8 Millionen Euro an Eingliederungsmitteln zur Verfügung, in diesem Jahr waren es noch 12,5 Millionen Euro. Das Jobcenter, so Eininger, gehe von bedarfsgerechten Mitteln aus. Seine Begründung: „Es werden immer mehr Arbeitslose auch ohne Fördermaßnahmen vermittelt.“ Laut dem Leiter des Jobcenters ist das auf die verbesserte Konjunktur zurückzuführen. Auch für Ein-Euro-Jobs habe es bereits 2011 gegenüber den Planungen nicht genügend geeignete Teilnehmer gegeben, deshalb rechne man auch für nächstes Jahr mit weniger, die dafür infrage kämen, so Eininger weiter. Zur Frage von besonders Benachteiligten wies Eininger auf elf Fallmanager mit zum Teil besonderen Qualifikationen hin, zusätzlichen Handlungsbedarf könne man für das kommende Jahr nicht erkennen. Man müsse diejenigen unterstützen, die „eingliederungsfähig und willig“ seien. Außerdem, so der Landrat, könne die Zusammenfassung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe nicht auf Dauer zu einem zweiten oder gar dritten Arbeitsmarkt führen.

Grüne sehen Bedarf bei Maßnahmen für Langzeitarbeitslose

Walburga Duong (Grüne) hatte eine etwas andere Sicht der Dinge: „Ganz so gut sieht es in der Realität doch nicht aus.“ Ihre Vermutung ging dahin, dass vonseiten des Jobcenters den Trägern von Hilfemaßnahmen bereits im Vorfeld Mittel gekürzt werden. „Wir brauchen ein Konzept für Langzeitarbeitslose“, begründete sie die Forderung ihrer Fraktion, eine „Kreisarbeitsgemeinschaft Arbeitslosenhilfe“ einzurichten. Diese solle den Kreistag in Fragen zu Konzepten und Maßnahmen für eine bedarfsgerechte Förderung von langzeitarbeitslosen Menschen im Landkreis beraten. In der Arbeitsgemeinschaft sollen Mitglieder aus dem Kreistag, der Verwaltung, des Jobcenters ebenso wie die Träger von Arbeitshilfen der Freien Wohlfahrtspflege vertreten sein.

Landrat Eininger verwies dagegen auf den Beirat des Jobcenters, in dem auch Vertreter der Liga der freien Wohlfahrtspflege mit am Tisch säßen. Mit einer weiteren Arbeitsgemeinschaft sei eine Vermischung von Verantwortlichkeiten zu befürchten. Außerdem, so Eininger, seien die Hilfen für diejenigen gedacht, die sie bräuchten, und nicht für die Träger.

Das wollte Eberhard Haussmann vom Diakonie-Kreisverband so nicht stehen lassen. Die erwähnten Vermittlungserfolge seien nicht von Dauer, weil sie meist nur über Zeitarbeitsfirmen gelängen, die Betroffenen blieben auf Dauer in den Hilfesystemen verhaftet. Seine Formulierung, es werde ungerechtfertigt auf die freien Träger heruntergetreten, veranlasste wiederum Eininger zu einer Reaktion in heftigem Tonfall: „Niemand tritt auf die Träger herunter.“

Gabriele Probst (Grüne) kritisierte, dass bereits jetzt schon zehn Prozent der vorhandenen Mittel nicht ausgegeben worden seien. Dabei gebe es Langzeitarbeitslose, die zu Maßnahmen bereit seien. „Nicht alle, aber die meisten.“ Dagegen plädierte Solveig Hummel (SPD) dafür, das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens abzuwarten. Doch auch sie gab zu bedenken: „Vielleicht gibt es auch andere Modelle, vielleicht braucht es andere Strukturen.“ Frank Buß (Freie Wähler) sieht bei 3,6 Prozent Arbeitslosigkeit eine faktische Vollbeschäftigung. „Viele der Verbleibenden sind nicht beschäftigbar“, so Buß. Deshalb sei es aber auch richtig zu überlegen, wie man deren Situation verbessern könne. Buß hielt jedoch ebenfalls nichts von einem weiteren Gremium, das Thema sei zunächst beim Jobcenter gut aufgehoben.

Der Vorschlag, das Positionspapier der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in der nächsten Sozialausschuss-Sitzung am 1. März kommenden Jahres zur Debatte zu stellen und dann auch über das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens zu berichten, nahm dann etwas Brisanz aus der Diskussion. So bestanden auch die Grünen zunächst nicht mehr auf die Arbeitsgemeinschaft.

 

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